Die Alte Abbauweite ist aus montanarchäologischer Sicht einer der spannendsten erhaltenen Grubenbereiche im Rammelsberg. Ein bisher wenig beachteter Aspekt stellt die Verfüllung des weitläufigen Hohlraumes dar, die sich über die Jahrhunderte angesammelt hat. Denn es handelt sich dabei nicht um eine einheitliche Masse, sondern um Relikte verschiedener Zeiten und Nutzungsphasen. Durch die untertägige Befundaufnahme ist es gelungen unterschiedliche Phasen zu identifizieren und in eine Reihenfolge zu bringen.
Die Alte Abbauweite ist über Querschlag vom Rathstiefsten Stollen aus erreichbar, über die wir bereits berichtet haben (http://altbergbau3d.de/2021/02/03/befahrung-des-rathstiefsten-stollens-und-eines-querschlages/).
Gleich in der untersten Ebene der Abbauweite hängt am Stoß über einem Haspelort und dem Zugang zu einer Prospektionsstrecke ein verfestigtes Paket aus Steinen und Sedimenten. Es zeigt, dass der Hohlraum zu großen Teilen verfüllt gewesen ist. Welches Ausmaß die Verfüllung hatte, wird am Stoß gegenüber durch einen leicht zu übersehenden Befund deutlich. Auf einem Absatz in größerer Höhe befindet sich noch ein kleiner Rest derselben Masse. Auf dem beschriebenen Paket liegt oben eine zusammengewürfelte Masse aus großen Bruchsteinen, wenig Sediment, Hölzern und großen Felsbrocken auf.
In einer kleinen Nische in der oberen Ebene der Abbauweite wurden zwei weitere Verfüllungen angetroffen. Eine davon reicht senkrecht stehend vom liegenden zum hangenden Stoß und bildet eine profilartige Wand. Davor liegt eine gelbe Verfüllmasse, die unter die Profilwand zieht. Sie enthält auffällig viele gerundete Steine mit einer Größe bis 30 cm. Dieselbe gelbe Masse wurde bis in die obersten Bereiche der Abbauweite festgestellt. Dort liegt sie nur noch etwa 20 Meter unter der Tagesoberfläche. Eine weitere Profilwand befindet sich am anderen Ende der Abbauweite.
Durch diese Befunde können die Abläufe in der Abbauweite rekonstruiert werden. Zuerst wurde vom Querschlag aus ein früher Hohlraum aufgefahren. Diese wurde durch einen Verzug nach oben hin abgesichert. Ein Versturzereignis führte zur Zerstörung des Verzuges und zur Verfüllung der unteren Abbauebene bis mindestens auf Höhe des Absatzes. So lässt sich auch die zusammengewürfelte Masse mit den großen Felsbrocken erklären. Als nächstes wurde diese Masse zum Teil aufgewältigt. Bemerkenswert ist die Unterfahrung der Masse, um dort einen Zugang zu der Prospektionsstrecke und der Nutzung einer Haspel zu ermöglichen. Die gelbe Masse mit den gerundeten Steinen zeugt von einem Tagesbruch bis an die Geländeoberfläche. Denn nur dort kommen solche durch den Bach gerundeten Flusskiesel vor. Die senkrecht stehenden Profilwände lassen sich durch Verzüge erklären, die ehemals die Masse zurückgehalten haben. Nachdem sich die Masse längst verfestigt hatte, sind die Verzüge verkippt. Sie sind teilweise noch unterhalb anzutreffen.
Die Auswertung hat gezeigt, dass ein genauer Blick auf scheinbar undifferenzierte Verfüllmassen zu einer umfassenden Rekonstruktion von Abläufen führen kann.