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Künstliche Intelligenz und Montanarchäologie

Künstliche Intelligenz (KI) steht heute im Zentrum unterschiedlichster Forschungsbereiche. Während die Geistes- und Sozialwissenschaften die Auswirkungen von KI auf verschiedene Lebensbereiche untersuchen, entwickeln die Natur- und Ingenieurwissenschaften Anwendungen und eröffnen damit gänzlich neue Möglichkeiten der Forschung. Auch in den archäologischen Wissenschaften, die traditionell an der Schnittstelle von Natur-, Ingenieur- und Geisteswissenschaften liegen und daher interdisziplinär ausgerichtet sind, ist Künstliche Intelligenz ein großes Thema.

Mit Airborne-Laserscanning ist man heute in der Lage auch in dicht bewaldeten Gebieten mittels Fernerkundung auf den Boden zu schauen. Es ergibt sich hierdurch die Möglichkeit von Menschenhand geschaffene Strukturen in einem viel größeren Ausmaß als durch die klassische Geländebegehung zu entdecken, was aber einen neuen, deutlich gesteigerten Arbeitsaufwand bedeutet.

Zwischen 2017 und 2021 entwickelten das Institut für Kartographie und Geoinformatik der Leibniz Universität Hannover und die Arbeitsstelle Montanarchäologie des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege daher Anwendungen der Künstlichen Intelligenz, um in hochaufgelösten digitalen Geländemodellen (DGM) automatisch historische Geländestrukturen zu entdecken. Sie gehörten damit zu einer kleinen Gruppe von europäischen Wissenschaftlern, die konkret und sehr nah an den aktuellen Entwicklungen der KI in der Archäologie arbeiten. Das interdisziplinäre Projekt: „Automatische Erschließung und Monitoring von Denkmalen mittels detaillierter Oberflächenmodelle am Beispiel der Montanregion Harz“ wurde im Rahmen von Pro*Niedersachsen MWK gefördert.

Abbildung 1: Morgenbrodthaler Graben – Ein Graben der Oberharzer Wasserwirtschaft.

Als Modellregion für das interdisziplinäre Projekt wurde der Westharz ausgewählt. Aufgrund seines Erzreichtums blickt er auf eine jahrtausende alte Geschichte zurück, die vielfältige Spuren im waldreichen Gelände hinterlassen hat. Dem trug die UNESCO bereits 1992 Rechnung als sie da Erzbergwerk Rammelsberg und die Altstadt von Goslar zum Weltkulturerbe ernannte und 2010 um das komplexe Energiegewinnungssystem Oberharzer Wasserwirtschaft erweiterte. Es ist ein Welterbe, welches auf 200 km² Fläche liegt und daher eine besondere Herausforderung für den Schutz und Erhalt darstellt.

Zu den Spuren im Gelände, die der alte Bergbau hinterlassen hat, gehören neben den 149 Teichen, ca. 500 km Gräben und 31 km Wasserläufen der Oberharzer Wasserwirtschaft unter anderem zahllose Pingen, Mundlöcher, Halden, Wohn- und Arbeitspodien wie auch Meilerplateaus, auf denen die Holzkohle für die Verarbeitung der Erze erzeugt wurde (Abbildung 1). Ein prägendes Landschaftselement stellen zudem die Hohlwege dar, auf denen Holz, Erz und andere Materialien transportiert wurden. Vor allem im Vorland des Harzes befinden sich etliche Grabhügelfelder. Diese Denkmäler mussten im Gelände erkannt, verifiziert und kartiert werden, um sie für die Nachwelt zu schützen und zu erhalten.

Abbildung 2: Links: Orte mit Trainingsbeispielen auf dem dreifarbig beleuchteten Geländemodell. Rechts: Vergrößerte Ansichten für jede Objektart (Bombentrichter, Meilerplateaus, Grabhügel, Pingen) (Malek / Kazimi / Thiemann / Sester)

Im Projekt untersuchten wir speziell Techniken des maschinellen Lernens, insbesondere des Deep Learning, für die automatische Erkennung. Unsere Algorithmen sollten anhand von Trainingsbeispielen lernen, die Geländestrukturen zu erkennen (Detektion), zu unterscheiden (Klassifikation) und zu markieren (Segmentierung). Zum Training der künstlichen neuronalen Netze wurden beispielhaft Objekte anhand des Geländemodells markiert (Label) (Abbildung 2). Dazu gehörten auch Objekte, die das neuronale Netz mit Objekten von archäologischem Interesse verwechseln konnte, wie z. B. Bombentrichter aus dem 2. Weltkrieg mit den älteren Pingen, die beides Vertiefungen im Gelände sind. Um jedes dieser Trainingsbeispiele wurde ein kleiner Ausschnitt aus dem Geländemodell herausgeschnitten und ein korrespondierendes Labelbild (Abbildung 3) erstellt.

Abbildung 3: Beispiele für Eingabedaten: 1. Zeile: geschummerte Ausschnitte aus dem Geländemodell, 2.Zeile: mit überlagerten Labeln (Vektor), 3. Zeile: Label-Bilder (Malek / Kazimi / Thiemann / Sester)
Abbildung 4: Ergebnisse: Die erste Zeile zeigt die manuell erstellte „Ground-Truth“, die zweite Zeile zeigt die Prädiktion des Modells (Malek / Kazimi / Thiemann / Sester)

Für die Segmentierung der Geländemodelle verwendeten wir das bewährte künstliche neuronale Netz namens High Resolution Net (HRNet), das als Open-Source-Software zur Verfügung standen. Nach dem Training mit 80 % der Beispieldaten wurden die Ergebnisse anhand der restlichen Daten getestet. Das Fehlermaß mittlerer IoU gab dabei an, wie gut die prädizierten Ergebnisse zu den Referenzdaten (Ground Truth) passten. (Tabelle 1). Es zeigte sich, dass zum Beispiel Pingen und Bombentrichter schlechter erkannt wurden als Meiler und Grabhügel, weil sie bei ähnlicher Größe oft verwechselt wurden.

Die trainierten Modelle konnten nun auf größere Regionen angewendet werden, um dort die gesuchten Geländeformen zu markieren. Beispielhafte Ergebnisse sind in Abbildung 4 dargestellt. Im Anschluss daran wurden die vorausgesagten Ergebnisse auf ihre Richtigkeit direkt im Gelände überprüft und die Modelle weiter verfeinert.

Wir verfolgten zudem einen weiteren Ansatz, bei dem wir untersuchten, inwiefern Techniken des unüberwachten Lernens, also dem Lernen ohne Trainingsbeispiele, helfen können, die Ergebnisse unserer Klassifikatoren zu verbessern.

Von Katharina Malek, Bashir Kazimi, Frank Thiemann und Monika Sester

 

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