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Diskussion der Forschungsergebnisse mit Fachleuten zum Projektworkshop

Am 08. und 09. Juni 2023 veranstaltete unser Forschungsteam einen Workshop in den Räumen des Museums & Besucherbergwerkes Rammelsberg. Teilgenommen haben Fachleute der universitären Lehre, der kommunalen- und der Landesdenkmalpflege, der niedersächsischen Gedenkstättenförderung und des Vereins Spurensuche Harzregion e.V.

Am ersten Tag wurden die bisherigen Forschungsergebnisse in Vorträgen vorgestellt. Neben der Rekonstruktion der Befunde der archäologischen Ausgrabungen und der Darstellung konkreter Fallstudien aus den schriftlichen Quellen, stand dabei besonders die fächerübergreifende Auswertung der Quellen im Fokus. Durch die archäologischen Ausgrabungen konnte die spezielle Bauweise der Baracken, die Größe sowie ihre Errichtung in drei verschiedenen Bauphasen bestimmt werden. Zudem wurden mehrere Unklarheiten der überlieferten Lagepläne aufgeklärt. Aus den schriftlichen Quellen konnten die verschiedenen Gruppen der Zwangsarbeitenden sowie konkrete Belegschaftszahlen identifiziert werden. Besonders deutlich ging aus den Akten der Zwiespalt des NS-Regimes hervor: Den Zwangsarbeitern sollten einerseits aufgrund der Rassenideologie keine den deutschen gleichwertigen Lebensumstände gewährt werden.  Andererseits war die Kriegswirtschaft aber zunehmend auf ihre Arbeitsleistung angewiesen. So sind immer wieder Zugeständnisse aus den Quellen zu lesen, aber auch ständig neue Repressionen. In der Zusammenschau der Teilergebnisse war es möglich, die Lebensumstände der Menschen genauer abzuschätzen. Zum Beispiel mussten sich in der ersten Bauphase 114 Personen eine Wohnfläche von 300 qm teilen – 2,6 qm pro Person. Die Fläche wurde später in der zweiten Bauphase durch einen Anbau und eine neue Wohnbaracke auf 809 qm deutlich erweitert. Zudem wurden die neuen Gebäude deutlich massiver errichtet. Die hygienischen Bedingungen wiederum blieben unverändert und die Menschen mussten sich weiterhin eine Waschbaracke mit einer Größe von nur 43 qm und lediglich zwei Toiletten teilen.

Exkursion zum Projektworkshop
Diskussion während der Exkursion unterhalb des Frauenlagers

Im Anschluss an die Vorträge fand eine Exkursion an die authentischen Orte statt. Sie führte vom Frauenlager im Norden des Werksgeländes, über die Werksstraße an den imposanten Erzaufbereitungsanlagen der NS-Zeit vorbei, durch Räume in denen Zeitweise einzelne Gruppen von Zwangsarbeitenden einquartiert waren, über den Werkshof, der als Appellplatz für die Zwangsarbeiter diente, vorbei an den benachbarten Wohnhäusern der Täter bis zum Barackenlager unterhalb des Herzberger Teichdammes. Durch die Exkursion wurden die Raumbezüge zwischen den einzelnen Orten deutlich. So konnte das Barackenlager der Zwangsarbeiter vom Teichdamm aus von der Öffentlichkeit eingesehen und nur schwer verleugnet werden. Das Frauenlager war hingegen hinter den Tagesanlagen den öffentlichen Blicken verborgen und maximal vom Männerlager entfernt.

Am Freitag wurden die Forschungsergebnisse im Kreis der Fachleute diskutiert. Dabei entstand eine spannende Diskussion, wie die Ergebnisse präsentiert und ins museale Konzept eingegliedert werden können, über die Konservierung der Funde und Offenhaltung der Ausgrabungsflächen zur Sichtbarmachung, bis hin zur Frage, wie die Erinnerungskultur in der Bevölkerung aufrecht erhalten werden kann.

Wir danken den Teilnehmenden herzlich für die Diskussion und die Einbringung neuer Aspekte und Perspektiven in unsere Arbeit!