Rüstungsbetriebe und damit auch die Beschaffung von Rohstoffen für die Herstellung von kriegswichtigen Materialien hatten während des II. Weltkrieges eine enorme Bedeutung. Besonders nachdem die Blitzkriegsstrategie des nationalsozialistischen Regimes 1942/43 gescheitert war, musste die Rüstungswirtschaft auf einen langfristigeren und vor allem materialintensiveren Kriegsverlauf umgestellt werden. Dazu bedurfte es insbesondere männlicher Arbeitskräfte. Diese wurden aber mit Dauer und zunehmender Brutalität des Krieges ab 1942 zu allen Frontabschnitten von der Wehrmacht eingezogen und in immer kürzeren Abständen getötet. Um die Rüstungswirtschaft mit ausreichend Arbeitskräften zu versorgen und gleichzeitig eine einigermaßen funktionierende Versorgungswirtschaft aufrecht erhalten zu können, war der Einsatz von Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangenen im Deutschen Reich aus ökonomischer Perspektive alternativlos. Insbesondere in der kriegswichtigen Schwerindustrie im Deutschen Reich – zu der der Rammelsberg mit seiner Erzproduktion zählte – spielten diese Arbeitskräfte eine wichtige Rolle: 1944 war beispielsweise beinahe jede dritte Arbeitskraft Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangener.
Im Rahmen des Projektes soll eine erste Betrachtung der Wirtschaftlichkeit von Zwangsarbeit am Erzbergwerk Rammelsberg erfolgen und weiterführende Forschungsfragen formuliert werden. Während es Detailstudien zur Wirtschaftlichkeit im Steinkohlebergbau gab, sind solche zum Erzbergbau bisher kaum erfolgt.
Schließlich spielt dieser Aspekt in der Gesamtbetrachtung eine wichtige Rolle. Denn die Wirtschaftlichkeit der Zwangsarbeit bestimmte die Repressalien der Betriebsleitung gegenüber den Opfern ganz erheblich. Konnte die Betriebsleitung einen wirtschaftlich effizienten Einsatz der Zwangsarbeiter*innen berechnen, wurden Zwangsmaßnahmen anders ausgelegt oder Lebens- und Arbeitsbedingungen anders gestaltet.